Quelle: Botanischer Garten Hamburg, Farbenprächtige Dahlien...
Wichtig für das Verständnis von Zusammenhängen ist in vielen Fällen der Blick auf die Geschichte. Die Erfolgsgeschichte der Dahlien beginnt, wie auch die für die Kartoffeln und den Mais, mit der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus vor mehr als 500 Jahren. Nachdem Kolumbus Amerika entdeckt hatte, fanden in den nachfolgenden Jahrhunderten zahlreiche Reisen nach Südamerika statt. Zuerst, wie man weiß, des Goldes wegen, aber dann machten sich auch Forschungsreisende und Pflanzensammler auf den Weg, die Neue Welt zu erkunden.
Die ersten Abbildungen von Dahlien aus Mexiko gab es schon 1552, in einem Buch über die Kräuter der Azteken, das Badianus-Manuskript, das in Vergessenheit geraten war und erst 1930 in der Vatikanischen Bibliothek wieder gefunden wurde. Einzelne Abbildungen lassen deutlich erkennen, dass es sich bei diesen "Kräutern" um Dahlien handelt. Interessanter und genauer sind die Abbildungen von Francisco Hernandez, einem spanischen Arzt, der sich von 1570 bis 1577 in Mexiko aufhielt und die Pflanzenwelt aus heilpflanzlicher Sicht erforschte. Seine Aufzeichnungen wurden erst 1651 in Mexiko veröffentlicht, er erlebte dies nicht mehr. In diesen Aufzeichnungen werden auch die ursprünglichen Namen der Dahlie in Mexiko genannt: "Acocotli", übersetzt als "Wasserschlund" und "Cocoxochitl" oder "Acocoxochitl'", was übersetzt "Wasser-Knollen-Blüte" heißt. Eine seiner Abbildungen zeigt eindeutig halbgefüllte Dahlienblüten. Dies lässt den Schluss zu, dass es in Mexiko schon vor über 500 Jahren Dahlien-Hybriden, Vorfahren unserer Gartendahlien, gab. Die Naturarten hatten sich offensichtlich gegenseitig bestäubt und ihre Nachkommen zeigten schon ganz unterschiedliche Blütenformen.
Erst etwa 140 Jahre nach den ersten Veröffentlichungen wurde wieder über die Dahlien berichtet. 1789 sandte der Direktor des Botanischen Gartens von Mexiko, Vincentes Cervantes, Dahliensamen oder vielleicht auch Knollen an den Botanischen Garten von Madrid. Man nimmt an, dass es Samen waren, denn die Knollen hätten die lange Reise nur schwer überlebt. Doch ganz sicher ist es nicht, Knollen halten viel aus. Es gibt Versuche, wo Knollen einige Jahre fachgerecht gelagert wurden und noch nach Jahren wieder austrieben.
In Madrid kümmerte sich Antonio José Cavanilles, ein Mitarbeiter des Botanischen Gartens von hohem Rang, um die Kultur der Pflanzen und fertigte erste Abbildungen von ihnen an. Er war auch der erste, der der Pflanze den Namen "Dahlia" gab, zu Ehren von Dr. Andreas Dahl (1751--1789), einem schwedischen Botaniker. Dahl war ein Schüler Carl von Linnés (170--1779), des berühmten Naturforschers, der die Einteilung der Pflanzenwelt und der Tiere in ein besonderes System begründete.
Cavanilles zeichnete und beschrieb drei verschiedene Dahlienarten: 1790/1791 Dahlia pinnata und zwischen 1794 und 1796: Dahlia coccinea, und Dahlia rosea. Deutlich zu sehen ist bei der Zeichnung von D. pinnata der doppelte Kranz von Blütenblättern, was nach heutigen Erkenntnissen wiederum auf eine Hybride, eine Vermischung der Naturarten, schließen lässt.
Gärtnerisch interessant wurden die Dahlien jedoch erst, als Alexander von Humboldt 1803/1804 von seiner Südamerikareise Samen an den Botanischen Garten in Berlin schickte. Die Einführung in Berlin fiel in eine Zeit, die im Gartenbau als die Zeit des Aufbruchs und der Entdeckungen angesehen werden kann. Zahlreiche Pflanzenfunde kamen aus der "Neuen Welt" in die "Alte Welt", und es war immer wieder spannend zu sehen, was es Neues in den Botanischen Gärten gab. Die Botanischen Gärten tauschten untereinander freigiebig ihre Pflanzen und Erfahrungen aus, so dass bald schon Dahlien in Deutschland, England, Frankreich und Holland in den Botanischen Gärten wuchsen.
Auch nach Paris gelangten Samen und Knollen von Dahlien. Dort stellte 1804 Andre Thouin, Inspektor des Jardin des Plantes, als erster eine Kultur- und Pflegeanleitung zusammen, die bei den Gartenzeitungen großes Interesse hervorrief. Paris war zur damaligen Zeit eine wichtige Stelle, was neue Pflanzen und die Erforschung ihrer Lebensbedingungen betraf.
Der ab 1812 als Direktor des Botanischen Gartens von Berlin fungierende Prof. Karl Ludwig Willdenow stiftete zunächst Verwirrung, als er 1803 die Dahlie neu benannte. Sie hieß ab sofort "Georgina variabilis", nach dem deutschen Botaniker und Reisenden Johann Gottlieb Georgi (172--1802). Willdenow war irrtümlich in dem Glauben, der Name "Dahlia" sei schon 1791 an eine andere Pflanzengattung vergeben worden. Dies war aber erst 1792 geschehen, so dass das Erstbenennungsrecht doch bei Cavanilles blieb und die Dahlie weiterhin Dahlia heißen durfte. Bis dieser Irrtum jedoch wieder überall korrigiert und publiziert war, hatte sich der Name "Georgine" schon in weiten Teilen Norddeutschlands, Skandinaviens und in den östlichen Ländern durchgesetzt. Auch heute noch taucht er hin und wieder auf. Diese Namensverwirrung tat dem Siegeszug der Dahlie jedoch keinen Abbruch. Botaniker und Gärtner beschäftigten und beschäftigen sich seitdem intensiv mit der Zucht der Dahlien.
Quelle: Bettina Verbeek, "Dahlien", die schönsten Sorten und ihre Pflege
Mit freundlicher Genehmigung der Autorin und des BLV-Verlags, München.